Führung zu dritt – Agile Führung nach Scrum
Ein Team mehrere Führungskräfte – kann das gut gehen? Immer mehr Unternehmen entscheiden sich Führungsaufgaben neu zu verteilen.
Wenn ich Führungskräften im Rahmen meines Seminars „Digital Leadership“ verschiedene agile Methoden vorstelle, werde ich häufig gefragt: „Was ist denn nun die richtige Methode / der richtige Weg für uns?“.
Um meine Kunden dabei zu unterstützen, eben diesen für sich zu finden, tausche ich mich regelmäßig mit Menschen aus, die verschiedenste agile Methoden bereits erfolgreich in der Praxis umsetzen und auch in Sachen Führung neue Wege gehen.
Nachdem ich in meinem letzten Artikel beschrieben habe, wie Führung ganz und gar ohne Führungskräfte funktionieren kann, geht es in diesem Beitrag um ein Beispiel, in dem ein Team gleich von drei Führungskräften geführt wird.
Hierzu habe ich mich mit Michael Weber getroffen.
Michael arbeitet als „Agile Leader“. Gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen verantwortet er den IT Standort eines großen deutschen Unternehmens in Berlin. Sein Team beschäftigt sich mit dem spannenden Thema: „Mobilität der Zukunft“ und entwickelt, integriert und verbessert Sharingprodukte. Heute nimmt er sich die Zeit, mir einen Einblick in seinen Berufsalltag zu geben.
Wie ist dein Team organisiert?
Michael Weber: Die 17 MitarbeiterInnen des Standortes sind in zwei Teams organisiert. Eines der Teams nutzt Scrum als Prozess zur Unterstützung der täglichen Arbeit.
Michael ist mit zwei weiteren Kollegen Teil der Führungsmannschaft. Seine Aufgaben sind die Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Die beiden Kollegen bekleiden die Rollen des Product Owners und die des Scrum Masters.
Der Product Owner ist Fachexperte und somit Ansprechpartner für alle Fragen bezüglich des Produktes und fungiert als „Proxy“ zu den Stakeholdern, kanalisiert also sämtliche Kommunikation zwischen internen sowie externen Kunden und den Teams.
Der Scrum Master wiederum ist Experte für Teamentwicklung und dafür verantwortlich den Rahmen des Arbeitsprozesses zu halten und gemeinsam mit den Teams weiterzuentwickeln.
Worin bestehen für dich die wesentlichen Unterschiede zur klassischen Führung?
Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn war ich als Abteilungsleiter in einem anderen Unternehmen sehr klassisch unterwegs. Der wesentliche Unterschied besteht für mich darin, sich bei geringerer Positionsmacht den Herausforderungen der lateralen Führung zu stellen.
Ich selbst verstehe mich in der Rolle als Coach und Begleiter. Die Aufteilung in drei Rollen gibt mir den Raum dafür. Ich versuche einmal im Monat mit jedem Mitarbeiter zu sprechen. So kann sich jeder im Führungsteam auf die eigenen Kompetenzen fokussieren und gemeinsam decken wir die relevanten Führungsaufgaben ab.
Wie ist das so für dich, dir die Führungsverantwortung mit zwei weiteren Kollegen zu teilen?
Für mich ist diese Teilung befreiend, weil ich kein Fachexperte bin und mich so um die Menschen, also die einzelnen MitarbeiterInnen kümmern kann. Der Kollege, der die Position des Product Owners bekleidet ist dieser Fachexperte und anerkannt als fachliche Führungskraft. Wir stellen immer wieder fest, dass wenn alles, was wir zu dritt tun eine einzige Führungskraft leisten sollte, dies nicht in derselben Qualität und Tiefe möglich wäre.
Wie kann ich mir agile Führung nach Scrum vorstellen?
Der Scrum Guide wird bei uns in leicht abgewandelter Form gelebt. Orientierung geben dabei die Werte des agilen Manifestes. Kurz zusammengefasst bedeutet das:
- Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
- Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
Besonders wichtig ist uns dabei das Einbeziehen von Stakeholdern. Hier arbeiten wir stetig daran, noch besser im Austausch zu werden und damit schnelles Feedback für unsere Entwicklung zu bekommen.
Wie genau läuft der Scrum Prozess ab?
Jeder Prozess beginnt mit einem Kick-Off-Workshop mit dem Kunden, indem wir vor allem herausfinden wollen, was das jeweilige Produkt können muss, um den Kunden zu begeistern. Zudem gilt es auch, die Interessen aller anderen Stakeholder einzubeziehen.
Hieraus entsteht eine Customer Journey, die wiederum mit Hilfe einer Story Map in kleine Happen, so User Stories heruntergebrochen wird.
Die notwendigen Prozessschritte zur Entwicklung des Produktes werden dann in zwei Wochen Sprints umgesetzt. So könnte es in einem Sprint z. B. um eine User Story gehen, die das Öffnen und Schließen von Fahrzeugen umfasst.
Das hierfür zusammengestellte Entwicklungsteam stellt zunächst Verständnisfragen, um das Kundenanliegen – rein fachlich – für diese User Story ganz genau zu verstehen.
Dann überlegt es sich eine gute Lösung und setzt diese in mehreren Arbeitsschritten, sog. Tasks, innerhalb des Sprints um. In täglichen, maximal 15 minütigen Meetings wird das bereits erarbeitete reflektiert, Probleme und Stolpersteine identifiziert und die nächsten Schritte definiert.
Am Ende des Sprints ist eine Lösung für die jeweilige User Story entwickelt. Hierbei handelt es sich um einen ersten funktionsfähigen Prototypen, der dann in eine weitere Feedbackschleife mit dem Kunden geht.
Hier wird definiert, was verändert oder ergänzt werden muss, was wiederum in neue User Stories resultiert.
Abschließend gibt es einen Review, sowie eine Retrospektive und dann beginnen wir auch schon mit der Planung für den nächsten Sprint.
Fazit:
Das Beispiel von Michaels Team zeigt einen von vielen möglichen Wegen, Führungs- und Teamarbeit neu zu gestalten. Der Einsatz mehrerer Führungskräfte innerhalb eines Teams ist aus meiner Sicht überall dort sinnvoll, wo hohe Fach- und gleichzeitig Führungskompetenz von großer Bedeutung sind. Beides ist selten in einer Person zu finden. Wenn auch Sie in Ihrem Unternehmen Führung und Teamarbeit neu gestalten und agile Methoden kennen lernen und zum Einsatz bringen möchten, kontaktieren Sie mich. Gern begleite ich Sie auf diesem Weg!
Share this Post